10. Mai
Ein Geräusch weckt mich aus meinen Halbschlaf. Ich gähne und schaue mich in der S-Bahn um. Ich bin allein. Aus Langeweile folge ich dem Gurgeln/Grunzen zu einem Mann, der zusammengekauert auf dem Boden liegt. Er zuckt unkontrolliert rum, scheint an seinem Erbrochenen zu ersticken. Wieder mal schade, dass ich keinen Fotoapparat dabei habe. Ich schaue mir das Spektakel aus allen möglichen Richtungen an und überlege, aus welchem Winkel sich das beste Foto schießen ließe. Am liebsten würde ich die Augen fotografieren. Aber die sind leider geschlossen. Also hebe ich ein Lid an. Seine Pupille ist merkwürdig nach oben verdreht. Ich versuche das Auge mit dem Finger wieder gerade zu richten, aber das funktioniert nicht richtig. Das Zucken ebbt langsam ab. Eine Videokamera wäre hierfür noch besser. Nach einigen Minuten bewegt er sich gar nicht mehr. Der Zug fährt in den Hauptbahnhof ein. Gutes Timing. Kurz bevor ich aussteige, höre ich ein Würgen. Ich drehe mich um, und der Körper bewegt sich wieder. Ungläubig gehe ich zurück. Ich kann ihn atmen sehen. Minimal zwar, aber er atmet. Arschloch! Ich schreie den Mistsack an, trete ihm in den Magen. Mehrmals. Irgendwann verlasse ich doch das Abteil. Jetzt bin ich ganze drei Stationen zu weit gefahren. Für nichts! Vor eins bin ich nicht zu Hause. Mutter wird wieder sauer sein.
typsicher sarkasmus von ganymed, weiter so, wann kommt dein erstes buch raus????
echt genial deine geschichten! Das Buch würde ich auch kaufen.
Alle Texte lassen sich in drei handlichen PDF-Dateien downloaden.
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